Jovan Ilkić, Vater des Nationalversammlungshauses

Das Nationalversammlungshaus und das Hotel „Moskva“ sind Gebäude, die im Zentrum der serbischen Hauptstadt große Aufmerksamkeit von Besuchern erregen. Eine Gemeinsamkeit teilen sie jedoch und zwar den selben Architekten, der neben zahlreichen anderen Gebäuden auch diese zwei entworfen hat. Sein Name ist Jovan Ilkić.

Das Leben und die Ausbildung:

Ilkić wurde 1857 in Zemun geboren, wo er auch die Grundschule und das Gymnasium abschloss. Von 1876 bis 1883 studierte er Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien und wurde vom berühmten Architekten und Schöpfer des Wiener Parlaments, Theophilus von Hansen (1813-1891) unterrichtet. Zu Hansens Schülern gehörten neben Ilkić auch Svetozar Ivačković, Dušan Živanović und Vladimir Nikolić. Jeder einzelne der vier leistete großen Beitrag in der serbischen nationalen Architektur, die sich an dem neobyzantinischen Hansen-Stil (der sogenannten Hansenetik) orientierte. Interessant ist, dass Ilkić in Wien Paulina Kneper in der griechisch-orthodoxen Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit am Fleischmarkt geheiratet hat, die von niemandem anderen als seinem Lehrer von Hansen entworfen wurde.

Rückkehr nach Serbien:

Als er sein Studium abgeschlossen hat, kehrte Ilkić nach Belgrad zurück, wo er bis zu seiner Pensionierung 1910 für das Bauministerium tätig war. Auf Einladung von König Milan wurde er als Hofarchitekt engagiert und durfte an den Planungsarbeiten des alten Palastgebäudes mitwirken. Geführt von Idealen des Patriotismus und dieser Einladung folgend, lehnte Ilkić etliche Geschäftsangebote in Wien ab und blieb in Belgrad. Nach seiner Pensionierung arbeitete er bis 1912 in Budapest, worauf er wieder nach Belgrad zurückkehrte.

Der Erste Welt Krieg:

Während des Ersten Weltkriegs teilte Ilkić das Schicksal Zehntausender seiner Landsleute, als er im Gefangenenlager Nezider (heute Neusiedl am See in Österreich) interniert wurde. Ungefähr 5.000 Serben, zum größten Teil Zivilisten, starben in diesem berüchtigten Lager an Hunger, Kälte, Typhus und Tuberkulose sowie an unmenschlichen Lebensbedingungen. Auf diese Weise endete am 22. Januar 1917 auch das Leben von Jovan Ilkić.

Das serbische Akademismus:

Dieser Architekt gilt als der produktivste Vertreter des serbischen Akademismus. Seine bedeutendste Hinterlassenschaft ist definitiv das Nationalversammlungshaus. Der Bau dieses monumentalen Gebäudes begann 1907 nach Ilkićs Entwürfen und wurde erst 1936 fertiggestellt, fast zwei Jahrzehnte nach dessen Ableben. Sein Sohn Pavle, ebenfalls Architekt, beendete die Fertigstellung mit Hilfe von Nikolay Krasnov, der ihm vor allem als Innenarchitekt bei den Abschlussarbeiten zur Seite stand. Viele der von Ilkić entworfenen Gebäude wurden während oder nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört.

Folgende zählen zu den Bedeutendsten und sind auch heute noch erhalten:

  • Das Haus von Terzibašić aus dem Jahr 1884, in der Straße Knez Mihailova 45
  • Das Haus von Milan Piroćanac aus dem Jahr 1884, in der Straße Francuska 7, der heutige serbische Schriftstellerverband
  • Das Haus von Milorad Pavlović aus dem Jahr 1884, in der Straße Kralja Petra 11-13
  • Das Haus von Aleksa Krsmanović aus dem Jahr 1885, in der Straße Terazije 34, in dem am 1. Dezember 1918. das SHS-Königreich (Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen) proklamiert wurde
  • Das Haus des Kaufmanns Crvenčanin aus dem Jahre 1887, in der Straße Kralja Petra 15
  • Das Haus des Heiligen Sava, aus dem Jahr 1890, in der Straße Cara Dušana 13
  • Das Gebäude des Offiziersheims, aus dem Jahr 1895, in der Straße Kralja Milana 48, das heutig beliebte SKC (Abk. für studentisches Kulturzentrum)
  • Das Gebäude der Versicherungsgesellschaft Rosija an der Ecke Terazije aus dem Jahr 1906, das heutige Hotel Moskva

Das 1896 erbaute Familienhaus von Jovan Ilkić wurde von ihm persönlich entworfen und existiert immer noch. Es befindet sich in der Straße Miloš Pocerca 32 im Stadtbezirk Vračar. Sein Haus wurde 2015 in die Liste der Kulturdenkmäler Serbiens aufgenommen. Leider erlebten nicht all seine Werke das gleiche Schicksal. Im Juni dieses Jahres wurde ein von Ilkić entworfenes zweistöckiges Haus in der Straße Resavska 25 abgerissen, obwohl es den Status eines Kulturgutes trug.

 

Übersetzungsteam – OSSAW

Aleksandra Plavšić